Lichtverschmutzung
Photo 1: Bei einer Führung/Himmelsbeobachtung von der Dachterrasse der Sternwarte am 02.12.2022 (21:30 Uhr) staunten wir nicht schlecht. Festbeleuchtung auf dem Schulgelände und Sky-Beamer im Umfeld der Volkssternwarte Köln.
Der helle Wahnsinn
Zunehmender Lichtsmog beeinträchtigt die Arbeit der Volkssternwarte Köln und auch die Energieverschwendung ist trotz Energie- und Klimakrise offenkundig immer noch kein Thema.
Wussten Sie, dass 94 % der deutschen Bevölkerung unter einem Nachthimmel leben, der bereits um 100 % heller ist als der natürliche? Ist Ihnen bewusst, dass auch Klimaschutz, Naturschutz sowie der Gesundheitsschutz durch die beispiellose Zunahme von Lichtsmog signifikant beeinträchtigt werden?
Besonders die Arbeitsbedingungen der Kölner Volkssternwarte auf dem Dach des städtischen Schiller-Gymnasiums in Köln-Sülz haben sich in den vergangenen Jahrzehnten ständig verschlechtert. Hauptgrund hierfür ist der seit Jahren zunehmende Lichtsmog im Umfeld der Volkssternwarte Köln. Der Lichtsmog, umgangssprachlich auch als „Lichtverschmutzung“ bekannt, bezeichnet die übermäßige Aufhellung des Himmels durch direktes und indirektes künstliches Licht. ODER anders ausgedrückt, zu viel Licht, am falschen Ort und falscher Zusammensetzung.
Auch die zunehmende Bebauung und die daraus resultierende störende Thermik im Umfeld der Sternwarte, schränken deren Arbeit weiter ein. Die Zeitenwende begann mit dem Bau des 137 m hohen Uni-Centers in Süd-Ostrichtung Anfang der 70-iger Jahre. Viele weitere Gebäude wie das Land- und Arbeitsgericht, das erzbischöfliche Berufskolleg, die Erweiterungsbauten der beiden städtischen Gymnasien „Schiller-Gymnasium und Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasium (EvT)“ kamen hinzu. Tendenz weiter steigend!
Die Volkssternwarte Köln wird in rein ehrenamtlicher Form von der Vereinigung der Sternfreunde Köln, e.V., betrieben und feierte im Oktober 2022 ihr 100-jähriges Jubiläum. Mittlerweile verfügt die Volkssternwarte mit ihrem 60-cm-Spiegel über eines der größten frei zugänglichen Teleskope in NRW, das noch dazu vollständig aus Bürgerspenden finanziert wurde. Die Vermittlung des „wissenschaftlichen, insbesondere astronomischen Weltbildes“ durch die sehr engagierten Amateur-astronomen, ist weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt.
Diese v.g. Arbeit wird jedoch durch den zunehmenden Lichtsmog beeinträchtigt, wenngleich künstliches Licht in unserer Gesellschaft sicherlich ein Symbol für Fortschritt und Wohlstand ist. Die Volkssternwarte möchte die Stadt auch nicht in völlige Dunkelheit einhüllen, sondern auf die Umweltgefahren hinweisen und auf eine Licht-Reduzierung im unmittelbaren Umfeld der Volkssternwarte hinwirken. Besonders die energiesparsameren LED`s sind ein großes Problem. Diese sind preislich günstig und werden deshalb gerne vermehrt eingesetzt. Teilweise noch ungeklärt sind die vielen gesundheitlichen Folgen, die bspw. durch den erhöhten Blauanteil solcher Leuchtmittel verursacht werden können.
Der als Umweltverschmutzung unterschätzte Lichtsmog überstrahlt zunehmend den Himmel über Köln und erzeugt eine Lichtglocke, die auch als „Urban Sky Glow“ bezeichnet wird. Infolgedessen sind nur noch hell leuchtende Himmels-Objekte zu beobachten. Aber nicht nur die Kölner Sternfreunde hadern mit dieser Entwicklung. Auch Klimaschutz (Energieverschwendung!), Naturschutz (Insekten- und Vogel-sterben!) sowie Gesundheitsschutz (Melatonin-Mangel etc.) werden durch diese beispiellose Entwicklung stark in Mitleidenschaft gezogen.
Auf dem gemeinsamen Schulgelände der beiden städtischen Gymnasien „Schillergymnasium und „Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasium (EvT)“ hat die Schulerweiterung eine zunehmende Lichtverschmutzung u.a. durch LED-Flächenstrahler zur Folge. Die Wahl der richtigen Leuchtmittel, deren ordnungsgemäße Abschirmung nach unten, sowie der bewegungsgesteuerte Einsatz der Leuchtmittel sind deutlich verbesserungsbedürftig. Man hätte die Probleme – auch ohne Beeinträchtigung der Verkehrssicherungspflicht auf dem Schulgelände – mit flexibleren, sogenannten „intelligenten adaptiven Beleuchtungssystemen“ deutlich abmildern können. Teilweise laufen in den Klassenräumen u.a. digitale Whiteboards die ganze Nacht hindurch, verschwenden unnötig Energie und stören durch ihr Streulicht. Die Bemühungen der „Fridays-for-Future-Generation“ scheinen an ihrer eigenen Wirkungsstätte nicht anzukommen.
Seit Jahren weist die Volkssternwarte Köln auf diese Problematik bei der Kölner Stadtverwaltung hin. Die Stadt signalisierte, sich mit der Thematik auseinander zu setzen. Konkret passiert ist bislang noch nichts. Man verweist lieber auf die „Verkehrssicherungspflicht“ und versteckt sich somit hinter dem Narrativ der Sicherheit und des Sicherheitsgefühls.
Weiterhin sehr störend ist auch die Aufhellung durch die große Mega-Light-Werbeanlage der Firma „STRÖER“ am Standort Ecke Universitätsstraße – Berrenrather Straße, die mittlerweile in astronomischen Kreisen als „St(r)öer-Faktor“ bezeichnet wird. Immerhin sind lustige Schattenspiele auf unserer Beobachtungskuppel möglich, was sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Aber Spaß beiseite. Teleskope haben die Aufgabe, das sehr schwache Licht von Sternen zu sammeln. Wenn eine künstliche Lichtquelle oder das von ihr verursachte Streulicht auf die Teleskope sowie den Innenbereich der Beobachtungskuppel trifft, hat dies für die visuelle Beobachtung, aber auch für die Astrophotographie negative Folgen. Von der physiologischen Blendwirkung einer solcher Werbetafel einmal abgesehen.
Es ist nicht nachvollziehbar, wie der Genehmigungsantrag der o.g. Werbetafel überhaupt Erfolg haben konnte. Grundsätzlich sieht eine Baugenehmigung i.d.R. auch den Widerruf für jene Fälle vor, in denen von einer Werbeanlage Lichtemissionen ausgehen, die benachbarte Nutzer – hier die Volkssternwarte Köln – mehr als zumutbar beeinträchtigen. Dies trifft m.E. absolut zu. Am 01.02.2021 hat die Volkssternwarte daher einen Widerruf der Genehmigung beantragt und eine Versetzung dieser Werbetafel angeregt. Grundlage hierfür war ein einstimmiger Beschluss der Bezirksvertretung (BV3) Lindenthal vom 01.09.2020 (Reduzierung der Lichtverschmutzung im Umfeld der Volkssternwarte Köln!) sowie der Tatbestand der unzumutbaren Beeinträchtigung unserer Vereinsarbeit. Der Antrag lag lange Zeit zur Klärung und Prüfung beim Bauaufsichtsamt in Köln. Ergebnis: Rein rechtlich haben wir keinen Anspruch auf Widerruf der Baugenehmigung oder Versetzung der Werbetafel. Hoch lebe die Juristerei!
Seit Sept. 2022 beschäftigt sich nun das Umwelt- und Verbraucherschutzamt der Stadt Köln zwecks Prüfung und Auswertung mit dieser Thematik. Ergebnis: Offen!
Ein alternativer Standort für die Volkssternwarte im Umfeld der Stadt Köln wär grundsätzlich ein möglicher Ausweg aus dieser Misere. Der seit 1962 genutzte Standort auf dem Dach des Schiller-Gymnasiums war von Anfang an nur eine „gut gemeinte Alternative“. In der Vergangenheit gab es unzählige Anläufe bzw. Pläne und Standortbesichtigungen mit Stadt-Vertretern. Ziel war es immer, auch ein modernes Planetarium – zusätzlich zur Sternwarte – den BürgerInnen der Stadt Köln anzubieten. Fehlende Groß-Sponsoren, technische Hürden sowie die knappe Stadtkasse standen einem Neuanfang bisher im Wege. Köln ist leider immer noch die einzige Millionenstadt in Deutschland, die sich keine eigene Sternwarte leisten möchte. Schade eigentlich!
Wir werden uns dennoch weiterhin mit tatkräftiger Unterstützung der Lokalpolitik und Presse gegen die Lichtverschmutzung und Energieverschwendung wehren. Fakt ist, dass dunklere Nächte nicht nur für die Volkssternwarte Köln wichtig sind. Dunkle Nächte wirken sich positiv auf die menschliche Gesundheit aus, schonen Ressourcen sowie das Klima, helfen Pflanzen sowie nachtaktiven Tierarten und dies nicht nur im Umfeld der Volkssternwarte Köln.
Mit freundlichen Grüßen PDF-Version zum ausdrucken!
Marco Dresbach-Runkel
(1. Vorsitzender der VdS – Köln)
Photo 2: Artikel im Kölner Wochenspiegel (Ausgabe: 27./28.11.2020).
Photo 3: Eine Stern-Strichspuraufnahme am 25.03.2022 mit Blick auf unsere Beobachtungskuppel. Die geringe Anzahl an Sternspuren zeigt das Ausmaß der Lichtverschmutzung deutlich vor Augen.
Photo 4: Schattenwurf an unserer Sternwarten-Kuppel. Angestrahlt wird die Kuppel hier durch ein sehr helles Bild auf der digitalen Mega-Light-Werbetafel der Firma „STRÖER“ am Standort Ecke Universitätsstraße – Berrenrather Straße (Siehe auch Photo 6). Immerhin sind lustige Schattenspiele auf unserer Beobachtungskuppel möglich, was sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.
Photo 5: Schattenwurf an unserer rückseitigen Sternwarten-Kuppel. Angestrahlt wird die Kuppel hier hauptsächlich durch die Schulhofbeleuchtung des Innenhofes der beiden städtischen Gymnasien „Schillergymnasium und Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasium (EvT)“ (Siehe auch Photo 9).
Photo 6: Auf diesem Bild sehen Sie die digitale Mega-Light-Werbetafel der Firma „STRÖER“ am Standort Ecke Universitätsstraße – Berrenrather Straße. Besonders wenn dort helle Bilder angezeigt werden, strahlt dessen Licht auch in die Richtung zu unserer Beobachtungs-Kuppel (Siehe auch Photo 4).
Photo 7: Besonders die neuen unzureichend abgeschirmten LED-Flächenstrahler richten ihr Licht auch in die Horizontale. Dieses Licht leuchtet auch dann, wenn niemand auf dem Schulhof der beiden städtischen Gymnasien „Schillergymnasium und „Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasium (EvT)“ anwesend ist. Wenn im Winter die Bäume kein Laub tragen, wird dieses Licht zudem vom Boden reflektiert und dann indirekt auch in die Richtung unserer Beobachtungs-Kuppel gestreut.
Photo 8: Auch Labor-/ Klassenzimmer-Innenbeleuchtungen oder digital Whiteboards streuen ihr Licht ebenfalls indirekt in Richtung unserer Beobachtungs-Kuppel. Leider brennt dieses Licht teilweise auch dann, wenn die externen Putzdienste am frühen Abend die Räumlichkeiten bereits verlassen haben. Hier werden zweifelsohne Energie und somit auch Steuergelder verschwendet.
Photo 9: Auf dem gemeinsamen Schulgelände der beiden städtischen Gymnasien „Schillergymnasium und „Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasium (EvT)“ leuchtet das Licht auch dann, wenn niemand auf dem Innenhof unterwegs ist. Intelligente adaptive Beleuchtungssysteme sucht man hier vergeblich.
Weitere Informationen
Weitere Informationen aus der Fachgruppe DARK SKY des VdS-Dachverbandes findest du hier!
Das die Beleuchtung in Städten auch anders geht, zeigt uns vorbildlich die Stadt Fulda, d.h. Deutschlands erste Sternen-Stadt.
Literatur-Empfehlung:
Buch „Lichtverschmutzung in Metropolen – Analyse, Auswirkungen und Lösungsansätze“ von Emlyn Etienne Goronczy / Verlag: Springer Vieweg; 2018